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Geschäftsführerin Dr. Beate Grossmann

70 Jahre BVPG – Plädoyer für (mehr) Prävention & Gesundheitsförderung

In diesem Jahr feiert die BVPG ihr 70-jähriges Bestehen. Die Geschäftsführerin der BVPG, Dr. Beate Grossmann, blickt auf die bewegten Zeiten eines Verbandes zurück, der sich von Anfang an für Prävention und Gesundheitsförderung eingesetzt hat – jeweils am Puls der Zeit. Und sie gibt einen Ausblick, welche Weiterentwicklungen die BVPG für wichtig erachtet und anstößt.

Porträt Dr. Beate Grossmann, BVPG e.V.
© Sandra Then

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen mit der Gründung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Union für Gesundheitserziehung die ersten Impulse für den Wiederaufbau von Prävention und Gesundheitserziehung aus. Beide Organisationen führten 1953 wichtige Kongresse durch, die auch als Ausgangspunkt für eine eigenständige Entwicklung der Prävention in Deutschland angesehen werden können.


Rückblick: 70 Jahre BVPG

Am 7. April 1954, dem Weltgesundheitstag, wurde die Bundesvereinigung unter dem Namen „Bundesausschuss für gesundheitliche Volksbelehrung” gegründet. Ziel war die Institutionalisierung eines Runden Tisches für das weite Feld der gesundheitlichen Prävention. Dem damaligen Zeitgeist entsprechend, ging der neu gegründete Dachverband in seiner Satzung davon aus, dass „zur Erhaltung und Förderung des körperlichen, seelisch-geistigen und sozialen Wohlbefindens unseres Volkes eine umfassende gesundheitliche Belehrung und Erziehung auf wissenschaftlicher Grundlage erforderlich sei”. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen „alle auf diesem Gebiet berufenen und geeigneten Behörden, Organisationen und Persönlichkeiten sinnvoll zusammenwirken”.

In den 1960er Jahren tauchte der Begriff der Gesundheitserziehung verstärkt in der internationalen Präventionsdebatte auf und hielt 1969 mit der Umbenennung in Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung e.V. Einzug in die deutsche Präventionslandschaft. Die konzeptionelle Ausrichtung der Präventionsprogramme, das Gesundheitsverhalten der Menschen durch Aufklärung und Information zu verändern, blieb in ihren Grundzügen unverändert.

Mit der Ottawa-Charta erhielt die Gesundheitsförderung Ende der 80er Jahre eine gesellschaftspolitische Dimension. Die Beschränkung auf reine „Gesundheitspolitik” sollte einem modernen, ressortübergreifenden Verständnis von „Gesundheitspolitik” („Health in All Policies”) weichen. Die Bundesvereinigung trug maßgeblich dazu bei, das neue WHO-Konzept national zu adaptieren. Darüber hinaus setzte sie sich für eine stärkere Zusammenarbeit der verschiedenen Verbände und Institutionen, die Erhaltung und Nutzung bestehender Strukturen, den Ausbau der Gesundheitsberichterstattung sowie die Förderung der Professionalität und die Errichtung eines eigenständigen Gesundheitsministeriums ein – Forderungen und Empfehlungen, die im damals gerade wiedervereinigten Deutschland eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten darstellten. Die konzeptionelle Neuausrichtung der Bundesvereinigung fand dann 1992 mit der Umbenennung in Bundesvereinigung für Gesundheit e.V. (BfGe) ihren Abschluss – der moderne, ganzheitliche Ansatz im Gesundheitsverständnis wurde mit dem Wegfall des Erziehungsbegriffs auch nach außen sichtbar.

Ab der Jahrtausendwende waren die Perspektiven für Prävention und Gesundheitsförderung hoffnungsvoll. Prävention fand Eingang in den Koalitionsvertrag der damals neu gebildeten Bundesregierung: § 20 SGB V wurde neu gefasst, ein Präventionsgesetz war in Planung. Mit der Gründung des Deutschen Forums Prävention und Gesundheitsförderung (DFPG) im Jahr 2002 wurde ein weiterer Schritt zur Stärkung der Prävention in Deutschland getan. Mit der Aufnahme der Mitglieder des Deutschen Forums in die heutige Bundesvereinigung im Jahr 2007 ist es schließlich gelungen, die Effektivität und Effizienz der gemeinsamen Arbeit zu stärken und eine zielorientierte Zusammenarbeit zu etablieren.

Der Zusammenschluss von Bundesvereinigung für Gesundheit und Deutschem Forum Prävention und Gesundheitsförderung spiegelt sich auch in der Namensgebung wider: Es entstand die heutige Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. (BVPG).


Wo steht die BVPG heute?

Die BVPG ist der Dachverband von derzeit 134 Mitgliedsorganisationen. Ziel der BVPG ist es, Prävention und Gesundheitsförderung nicht nur im deutschen Gesundheitswesen, sondern in allen Politik- und Lebensbereichen zu verankern und zu stärken. Dem 11-köpfigen Vorstand steht seit 2022 Dr. Kirsten Kappert-Gonther, MdB, als Präsidentin vor. In der Geschäftsstelle, die ich seit 2016 leite, sind derzeit acht Mitarbeiterinnen in Teil- und Vollzeit beschäftigt.

Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal der BVPG zu anderen Bundes- oder Dachverbänden ist, dass nicht spezifische Sach- oder Fachthemen das Profil des Verbandes prägen, sondern die BVPG als „Brückeninstanz” zwischen den Kooperationspartnern aus Politik und Praxis, Wissenschaft und Forschung fungiert. Im Vordergrund steht dabei die Vernetzung der jeweils kompetenten und zuständigen Partnerorganisationen, die Bündelung von Ressourcen, die Erzielung von Synergien und die dauerhafte Festigung der so entstehenden Allianzen.

Die BVPG nimmt ihre Koordinierungs- und Vernetzungsfunktion sowohl durch die Mitarbeit in gesundheitspolitischen Gremien, wie z. B. dem Beirat Pakt ÖGD, der Beratenden Kommission des GKV-Spitzenverbandes für Primärprävention und Gesundheitsförderung oder dem Tag der Zahngesundheit, als auch durch die Organisation und Durchführung von Workshops, Tagungen, wie z. B. der jährlichen Statuskonferenz, und Kongressen, wie z. B. dem Präventionskongress, wahr. Damit gestaltet sie die fachliche und politische Diskussion sowie die praktische Umsetzung von Gesundheitsförderung und Prävention in Deutschland maßgeblich mit. Traditionell übernimmt sie zudem die Öffentlichkeitsarbeit zum jährlichen Weltgesundheitstag in Deutschland.

Seit 2016 ist die Bundesvereinigung zudem vom Gesetzgeber mit der Durchführung des Präventionsforums beauftragt und bietet damit eine Plattform für den Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen der Nationalen Präventionskonferenz und der Fachöffentlichkeit.

Mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit will die BVPG neben ihren Mitgliedsorganisationen auch Kooperationspartner und die Fachöffentlichkeit erreichen und über nationale und internationale Strategien, Konzepte und Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten sowie über Veranstaltungen und Publikationen der BVPG und ihrer Mitgliedsorganisationen informieren. Dazu nutzt sie verschiedene Kanäle wie Website, Blog, Newsletter sowie die sozialen Medien X und LinkedIn.

Gemeinsam mit dem Vorstand, den Mitgliedern und unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten positioniert sich die BVPG zu aktuellen politischen Themen, wie z. B. zur Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes (PrävG), zur Weiterentwicklung des Handlungsfeldes Prävention und Gesundheitsförderung oder zum geplanten Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (Koalitionsvertrag) bzw. dem nun geplanten Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM).


Was erwartet uns im Jubiläumsjahr?

Ab 2024 wird es auf unserer Website eine eigene Rubrik zum Jubiläum geben. Hier werden sich die Vorstandsmitglieder in einem monatlichen Blogbeitrag zu Prävention und Gesundheitsförderung positionieren und für mehr Gesundheitsförderung werben.

Auch die BVPG-Mitglieder kommen hier zu Wort: Sie senden ihre Glückwünsche und platzieren ihre Statements zur Prävention und Gesundheitsförderung.

Für Mitte des Jahres 2024 ist eine Statuskonferenz geplant, die auch das Jubiläum sowie Entwicklungen und Perspektiven der Prävention und Gesundheitsförderung zum Thema haben wird. Zu diesem Anlass wird es auch eine Jubiläumsbroschüre der BVPG geben.

Schauen Sie öfter mal rein!


Wie geht es weiter mit Prävention und Gesundheitsförderung?

Das Positionspapier zur „Weiterentwicklung des Handlungsfeldes Prävention und Gesundheitsförderung”, das die BVPG in einem partizipativen Prozess mit ihren Mitgliedern entwickelt und auf der Mitgliederversammlung 2023 verabschiedet hat, gibt Empfehlungen zu den folgenden fünf Punkten:

  1. Das Präventionsgesetz in eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik einbinden
  2. Prävention und Gesundheitsförderung als Querschnittsaufgabe weiterentwickeln und ausbauen
  3. Kommunale Gesundheitsförderung weiterentwickeln
  4. Digitalen Fortschritt und wertebasierte Orientierung in Einklang bringen
  5. Ziele, Pläne, Strategien: Bestehendes sichten und Mehrfachentwicklungen vermeiden.

Zentrales Element dieser Empfehlungen ist die grundsätzliche Forderung nach einer Stärkung und Verankerung von Prävention und Gesundheitsförderung als ein ressortübergreifendes Handlungsprinzip unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisprävention – und zwar sowohl auf kommunaler Ebene als auch auf Landes- und Bundesebene. Das Positionspapier benennt dabei Schwerpunkte der Prävention und Gesundheitsförderung, die den Rahmen für die Arbeit der BVPG in den kommenden Jahren abstecken.

Neben diesen Schwerpunkten gibt es weitere politische Themen wie die Etablierung eines Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit, die Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes und den Health in and for All Policies-Ansatz, die die BVPG als Vertreterin der Zivilgesellschaft im Netzwerk mit ihren Mitgliedsorganisationen weiter verfolgen wird.

Die Gesundheitsförderung braucht nach wie vor jede Fürsprache – es bleibt viel zu tun!


Dr. Beate Grossmann | Seit 2016 Geschäftsführerin der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. (BVPG). Zuvor war sie dort als stellvertretende Geschäftsführerin, wissenschaftliche Referentin und Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Frau Dr. Grossmann ist Mitglied in nationalen Gremien, Autorin zahlreicher Veröffentlichungen und angefragt für Beratungs-, Gutachtens-, Vortrags- und Moderationstätigkeiten.

Autor/in

Dr. Beate Grossmann